Der stille Held - Eine ganz andere Geschichte am Rande der Projektwoche der GAZ

„Warum sagst du nichts?“, fragte ich unseren Schüler Sassan Ahmadi, nachdem ich gehört hatte, dass er bei dem schlimmen Straßenbahnunglück am Montag in Kassel einer der Ersthelfer gewesen war. In der HNA war ein Artikel über einen älteren Mann erschienen, der dem Fahrer geholfen hatte. Über ihn hatte ich nichts gelesen.

„Keiner hat mich gefragt“, sagt Sassan und lacht. Und dann erzählt er:

„Ich bin in die Straßenbahn eingestiegen, um in die Schule zu fahren. An der Keilsbergstraße hielt die Bahn, fuhr dann an, bremste aber gleich wieder stark. Kurz war Ruhe. Alle Türen gingen auf und der Straßenbahnfahrer stieg aus. Alle Fahrgäste sind nach und nach ausgestiegen, ich auch. Ich sah den Unfall. Die Straßenbahn und der LKW waren ineinander gefahren und es sah schrecklich aus.

Aus der anderen Bahn kamen blutende Fahrgäste, einige Fahrgäste sahen ohnmächtig aus. Alle waren sehr erschrocken.

Ein älterer Herr parkte sein Auto hinter dem LKW, stieg aus und rief, wir sollten den Fahrer herausholen. Eine andere Frau rief aus einer Ecke: „Lassen Sie ihn lieber drin.“ Der ältere Mann machte die Tür zum Fahrerhaus auf und stieg hoch. Ich legte meinen Rucksack zur Seite, räumte den Gehweg frei und folgte ihm.

Der Fahrer war am Anfang kaum ansprechbar. Der ältere Herr bat den Fahrer, uns zu helfen. Ich ging in die Kabine, um ihm herunter zu helfen. Er hatte sein Handy in der Hand, nahm aber trotz meiner Hinweise seine Papiere nicht mit.

Ich nahm das Handy des Fahrers, damit er besser aus der Kabine steigen konnte. Aus Versehen hätte ich ihm fast mein eigenes Handy zurückgegeben! Gemeinsam brachten wir den Fahrer aus dem LKW. Er war dann wach, aber verwirrt. Ich fragte ihn zum Unfallhergang. Er meinte, er wollte zur Firma fahren und sagte, er habe die stadtauswärts fahrende Bahn gesehen, aber nicht die, mit der er zusammengestoßen ist.

Eine junge Dame fragte ihn nach seinem Namen und wo er hin wollte und ob er irgendwo Schmerzen habe. Er bejahte und sagte, dass ihm nur sein linker Arm etwas wehtun würde. Er konnte ihn aber normal bewegen.

Wir legten den Fahrer hin. Ich fand ein Handtuch, das wir unter seine Füße legten.

Ich sah dann, dass aus dem LKW Flüssigkeit auslief. Ich fragte den Fahrer, was er als Ladung hätte. Er sagte mir, es sei Farbe und sie sei nicht brennbar und daher keine Gefahr.

Beim Tank sah ich weitere Flüssigkeit, die nach Benzin roch. Ich informierte die Umstehenden, dass sie zurücktreten sollten.

Der ältere Herr fand in der Kabine eine Decke, mit der wir den Fahrer zudeckten.

Zuerst kam dann die Verkehrsaufsicht, dann die Polizei. Als wir schon auf dem Weg in die Schule waren, sahen wir noch die Feuerwehr kommen.

Meine Schulkameradin Bhente und ich gingen ganz normal zu Fuß weiter in die Schule.“

Abschließend fragte ich noch einmal, warum Sassan geholfen habe und warum er es nicht heraushängen lassen würde, was er da getan hat. Daraufhin lächelt er wieder und sagt: „Ich sah es als meine Aufgabe zu helfen. Das ist doch nur menschlich.“

(Sassan Ahmadi und SOL)

https://www.hna.de/kassel/beim-schweren-tram-unfall-in-kassel-leistete-ein-schueler-erste-hilfe-9725217.html

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